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Chronik: Projektgeschichte und Ergebnisse

Unser Projekt steht in einer alten Tradition: Über fast fünf Jahrzehnte haben Verantwortliche des Krankenhauses der Klingebiel-Zelle Beachtung geschenkt und sich dafür eingesetzt, dass sie erhalten blieb. Aber eine Führung oder Besichtigung blieb im Laufe von Jahrzehnten nur wenigen Menschen vorbehalten.

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​​Schon 1990 wurde die Raumausmalung auf Initiative von Manfred Koller erstmals vollständig fotografisch dokumentiert. Es ging darum, den Bestand zu sichern. Eine begehbahre fotografische Replik sollte es Interessierten ermöglichen, einen Eindruck von der Malerei zu gewinnen. 

Fa. Scheiter in Gleichen bei Göttingen erstellte analoge Fotografien der vier Wände, die später digitalisiert wurden und als Ausgangsbasis für Großdrucke dienten. Daraus konnte im Jahr 2002 eine erste begehbare fotografische Replik der Zelle hergestellt werden, die bis 2005 im Landeskrankenhaus Göttingen gezeigt wurde und danach in der dortigen historischen Ausstellung verblieb.

 

2010 konnten wir diese ältere Installation bei der Ausstellung "Elementarkräfte" erstmals einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen. In der Städtischen Galerie KUBUS der Landeshauptstadt Hannover zog sie knapp 1.900 Besucher in ihren Bann. Erstmals wurden auch Einzelbilder im Original gezeigt. 2010 konnten wir die Homepage "www.elementarkraefte.de" präsentieren.

Aus der Zusammenarbeit ergab sich der Plan, Klingebiels Biografie und die Hintergründe genauer aufzuarbeiten und sein künstlerisches Werk öffentlich bekannt zu machen. Um langfristig für den Erhalt der Klingebiel-Zelle einzutreten, nahmen wir uns vor, die Zelle mit aktueller Technik fotografisch zu dokumentieren und die Bilder sowie unsere Forschungsergebnisse in Buchform zu publizieren. Als Autoren konnten wir Thomas Röske, Leiter der Sammlung Prinzhorn in Heidelberg und Siegfried Neuenhausen, Künstler und emeritierter Hochschullehrer sowie den Politologen und Historiker Raimond Reiter gewinnen. Reiter verstarb 2001 kurz nach Beginn der Archivarbeiten.

 

Die Jahre 2011 bis 2013 waren der Aufarbeitung der verfügbaren Quellen gewidmet: Nachforschungen vor Ort, die Erschließung von Akten in öffentlichen Archiven und Interviews mit Zeitzeugen legten den Grundstock für die biografische Arbeit. Hinzu kamen die Erfassung von Einzelbildern in einem Werkverzeichnis, fotografische Dokumentation und Aufbereitung von Reproduktionen für Ausstellungen, jeweils im Kontakt mit den Eigentümern von Werken bzw. Inhabern von Bildrechten. Es folgten die Arbeiten an der geplanten Buchpublikation, parallel dazu die Einwerbung von Spenden und Fördergeldern.

Die 2012 vom Studio für Foto Hans Starosta in Göttingen ausgeführte systematische Fotodokumentation der Klingebiel-Zelle war der Grundstein für unsere weitere Arbeit. Die Malerei wurde bei Tageslicht (mit zusätzlicher Ausleuchtung) abschnittsweise mit hochauflösender Digitalfotografie erfasst. Spiegelungen der Wände, die von einem alten Lacküberzug herrühren, konnten vollständig neutralisiert werden. Die Abschnitte wurden in der Bildbearbeitung gemeinsam mit Anna-Lena Heinze zusammengefügt. Sanitäreinbauten wurden neutral retouchiert. Danach konnten wir einzelne Bereiche, die durch frühere Baumaßnahmen verloren gegangen waren, mit historischen Fotografien  "restaurieren" (vgl. Spengler, Koller und Hesse, 2013, S. 38). Diese stammen aus dem Nachlass von Müller-Suur (heute in der Sammlung Prinzhorn) und aus den Fotoarbeiten, die im Jahr 1959 durch Bedienstete gemacht worden waren.

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Erste fotografische Replik 2002.

Foto: Manfred Koller, 2012

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Aus der Fotodokumentation von Hans Starosta konnten wir 2013 eine neue begehbare fotografische Replik erstellen, die wir auf Ausstellungen gezeigt haben und auch künftig präsentieren werden.

 

Die Klingebiel-Zelle kann dadurch öffentlich sichtbar gemacht werden.

Die begehbare Rauminstallation zeigt die Wandmalereien maßstabsgetreu und fugenlos, in natürlichen Farben und detailscharf. Die oben und unten offene selbsttragende Konstruktion ermöglicht ein intensives, in der Wiedergabe der Bilder unverfälschtes Raumerlebnis. Die Außenwände sind blickdicht grau kaschiert.

 

Die Abbildung zeigt die Konstruktion beim Aufbau.

Die Bauteile und die Drucke wurden wie schon 2002 bei Fa. Grossdruck Scheiter in Gleichen hergestellt.

Aufbausituation der neuen Rauminstallation:

Die Front mit der Tür ist noch nicht ausgefüllt.

Foto: Projektarchiv.

Unsere Arbeit hat sich seit 2014 auf Ausstellungen und Veranstaltungen verlagert, auf wissenschaftliche Symposien, Publizistik, Medienarbeit und weitere Publikationen, nicht zuletzt die Pflege der Homepage. Einzelzeiten finden Sie in unserem Ordner Resonanz.

2015 konnten wir eine Fernsehproduktion unterstützen: Die szenische Dokumentation "Ausbruch in die Kunst" von Antje Schmidt (45 min.) wurde erstmals am 14.6.2015 beim Norddeutschen Rundfunk und bei Radio Bremen ausgestrahlt und am 31.1.2016 bei 3sat gezeigt. Sie war bald darauf in einem Internetportal auffindbar.

 

Der Fernsehfilm wurde 2015 von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde DGPPN mit den Medienpreis für Wissenschaftsjournalismus (Fernsehen) ausgezeichnet.

 

2017 konnten wir mit Unterstützung der Susanne und Gerd Litfin Stiftung eine Version mit englischen Untertiteln herstellen lassen und in Berlin auf einem Psychiatrie-Weltkongress präsentieren.

In der historischen Sammlung des ehemaligen Landeskrankenhauses / der heutigen Asklepios Fachklinik Göttingen waren neun Einzelwerke erhalten. Fernsehberichte trugen dazu bei, weitere Einzelgemälde zu erschließen: Privatbesitzer meldeten sich mit Werken, die Klingebiel zuzuordnen waren. Wir konnten diese Bilder sichten, digitalisieren und Reproduktionen auf Ausstellungen zeigen. Im Projektarchiv wird ein Werkverzeichnis geführt. Näheres stellen wir im Ordner Einzelwerke dar.

2015 meldete sich ein Zeitzeuge, der über Erinnerungen an Julius Klingebiel berichten konnte und Anregungen zur Interpretation der Bilderwelt Klingebiels gab. Diese flossen in Publikationen und Berichte ein.

Unsere Suche nach weiteren Quellen eröffnete später durch die oben zitierten Aktenauszüge und Tabellen weitere Details, und im Laufe der Jahre wurden verschollen geglaubte Einzelbilder von Klingebiel wiederentdeckt und konnten dokumentiert werden.

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